Meine IT-Firefighter Werkzeugkiste – Teamdysfunktionen

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile – Aristoteles

Es gab eine Zeit, da habe ich lange überlegt, warum in einem Projekt die Zusammenarbeit so herausfordernd sein kann. Ich kannte die Theorien zur Teambildung und deren Phasen Forming, Storming, Norming und Performing. Es gab Situationen da hatte ich den Eindruck, dass ganze Projekt bestand aus einer einzigen Phase und zwar der Storming – Phase.

Die erste Erkenntnis in diesem Zusammenhang war für mich der Unterschied von Team und Arbeitsgruppe. Teams, welche die Performing – Phase nicht erreichen, bleiben eine Arbeitsgruppe.

Was bedeuten diese Phasen?

Forming

In der Forming – Phase auch Orientierungsphase genannt, geht es in erster Linie darum sich gegenseitig kennenzulernen. Die Kompetenzen der einzelnen Mitglieder werden erkundet und ausgelotet. Die erste Herausforderung der Mitglieder besteht darin, die wahrgenommene Kompetenz (Worte) für die künftige Zusammenarbeit mit der tatsächlichen Kompetenz (Taten) abzugleichen.

Storming

In der Storming – Phase auch Konfliktphase genannt, beginnen Auseinandersetzungen über Rollen, Aufgaben und Interessen. Es ist dann durchaus möglich, dass die Statuskämpfe mehr Energie verbrauchen als das Lösen der Aufgaben. Die Ausgewogenheit bei der Teamzusammensetzung spielt auch hier eine wichtige Rolle. Häufig wird in diesen Zusammenhang von Alphas, Betas, Gammas und gelegentlich Omegas gesprochen. Die Ausgewogenheit ist nicht zu unterschätzen.

  • Zuviele Alphas, dann wollen alle entscheiden, aber niemand umsetzen.
  • Zu viele Betas, dann gibt es viele Grundsatzdiskussionen und Debatten, bevor das Team die eigentliche Arbeit zu Boden bringt.
  • Zu viele Gammas und fehlende Betas, dann wird die gleiche Arbeit mehrmals erledigt.
  • Den Omega im Team erkennst du mit der Zeit sofort, er ist abgestempelt als Querulant und häufig an allem Schuld.

Falls dich diese Thematik rund um die Organisation interessiert, dann schau doch bei Gunter Dueck vorbei oder setze dich mit dem Rangdynamik-Modell auseinander. Im Übrigen macht die Rangdynamik auch nicht vor selbstorganisierenden Teams halt.

Norming

Mit der Norming – Phase auch als Organisationsphase genannt, haben sich erste gemeinsame Spielregeln etabliert. Es entstehen erste Prinzipien für die gemeinsame Zusammenarbeit. Ab diesem Zeitpunkt kann die Behauptung aufgestellt werden, dass der Abschied von einer Arbeitsgruppe bevorsteht.

Performing

Die Performing – Phase, die sogenannte Integrationsphase ist der Abschied der Projekt – Arbeitsgruppe. Ab diesem Zeitpunkt liefert das Team bessere Ergebnisse als wenn jeder für sich allein arbeiten würde.

Ich war in der Vergangenheit in Projekten, da ging die Storming – Phase gefühlt das ganze Projekt, denke solche Erlebnisse sind dir nicht unbekannt. Meine häufigsten Überlegungen in solch einer Situation war: Was könnten die Gründe dafür sein, dass ein Team die Performing – Phase nie erreicht? Diese Thematik beschäftigte mich sehr.

Die 5 Dysfunktionen

Dabei stolperte ich über die Lektüre «Die 5 Dysfunktionen eines Teams». In diesem sind die Dysfunktionen sehr eindrucksvoll in fünf Kategorien unterteilt. Ich hatte einige Aha-Erlebnisse und mir wurden die Auslöser der Probleme sehr anschaulich vor Augen geführt.

In diesem Zusammenhang fand ich ein schönes Zitat im Buch:

Nicht die Finanzen. Nicht die Strategie. Nicht die Technik. Es bleibt die Teamarbeit, die den größten Wettbewerbsvorsprung verschafft, sowohl aufgrund ihrer Schlagkraft als auch aufgrund ihrer Seltenheit.

Die Fehlfunktionen veranschaulicht folgende Abbildung:

Die Abbildung zeigt eine Pyramide der 5 Dysfunktionen. Das Fundament bildet fehlendes Vertrauen, gefolgt von Scheu vor Konflikten zu fehlendes Engagement zur Scheu vor Verantwortung und an der Spitze fehlende Ergebnisorientierung.

Fehlendes Vertrauen

Bei der ersten Dysfunktion handelt es sich um fehlendes Vertrauen unter den Teammitgliedern. Wenn die Bereitschaft zur Offenheit nicht vorhanden ist, wird das notwendige Fundament des Vertrauens nicht aufgebaut. Hier spielt auch die Kultur der Organisation eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Wenn dir folgende Punkte bekannt vorkommen, dann fehlt Vertrauen:

  • Schwächen und Fehler werden verborgen
  • Es gibt keine gegenseitige Hilfe oder konstruktives Feedback
  • Es werden Schlussfolgerungen gezogen, ohne diese abzuklären
  • Zeit und Energie wird damit verbracht Verhaltensweisen nach ihrer Wirkung auszurichten (Manipulative Sprache)

Scheu vor Konflikten

Die zweite Dysfunktion Scheu vor Konflikten ist die Folge von fehlendem Vertrauen. Die Ideen werden zurückhaltend diskutiert. Es entsteht eine Form von künstlicher Harmonie in der lieber nichts gesagt wird. Der Omission Bias ist dann nicht mehr weit und ist zudem nicht nachzuweisen.

Anzeichen für Konfliktscheu:

  • langweilige Meetings
  • persönliche Angriffe gedeihen
  • Taktieren hinter dem Rücken des anderen
  • ignorieren Themen die für den Teamerfolg entscheiden sind
  • verschwenden Zeit und Energie für zwischenmenschliches Risikomanagement

Fehlendes Engagement

Der Mangel an gesunden Konflikten führt in die dritte Dysfunktion, fehlendes Engagement. Da nicht alle Meinungen zum Ausdruck gebracht werden, fehlt die Unterstützung. Es ist gut möglich das während einer Besprechung die Zustimmung vorgetäuscht wird, die Umsetzung sich dadurch extrem hinauszögert. Durch diese Zweideutigkeit kommen Widerstandsformen hinzu, welche ich bereits in den Eskalationsstufen  beschrieben habe.

Erkennbar durch:

  • Unklarheit über Richtung und Prioritäten
  • Übertriebene Analysen und unnötig langes Zögern
  • Besserwisserei
  • Verlust an Zuversicht
  • Wiederkehrende Diskussionen und Entscheidungen zum gleichen Thema

Scheu vor Verantwortung

Die Folge des fehlenden Engagements mündet in die vierte Dysfunktion, Scheu vor Verantwortung. Die Teammitglieder stellen beispielsweise die Personen nicht zur Rede, wenn diese kontraproduktive Handlungen an den Tag legen. Die Folge sind niedrige Standards. Auch hier darf die Kultur der Organisation nicht unterschätzt werden.

Die Scheu:

  • verursacht negative Gefühle zwischen Teammitgliedern mit unterschiedlichen Leistungsstandards
  • fördert Mittelmass
  • führt zu Terminverspätungen bei wichtigen Lieferzielen
  • legt dem Teamleiter eine unnötige Last aufgrund der fehlenden Disziplin auf

Fehlende Ergebnisorientierung

Durch fehlendes Engagement gedeiht die fünfte Dysfunktion, Fehlende Ergebnisorientierung. Das Team verfolgt keine gemeinsamen Ziele. So entstehen Ziele die jeder für sich selbst verfolgt, mit dem Ziel die eigene Karriere voranzutreiben. Status und Ego dominieren.

Die Folge der fehlenden Ergebnisorientierung für das Team:

  • es wächst nicht an seinen Aufgaben
  • es setzt sich selten gegen Kontrahenten durch
  • es verliert leistungsorientierte Mitarbeiter
  • es ist leicht abzulenken
  • Teammitglieder konzentrieren sich auf die eigene Karriere und individuelle Ziele

Meine Erkenntnisse

Mit diesen Erkenntnissen hatte ich detaillierte Informationen und Ansatzpunkte darüber, warum es vorkommen kann, dass eine Arbeitsgruppe nicht aus der Storming-Phase herauskommt.

Fehlendes Vertrauen und Scheu vor Konflikten

Das Umfeld kann dabei eine wesentliche Rolle spielen. So ist beispielsweise in einem Micro-Management Umfeld das fehlen von Vertrauen und Scheu vor Konflikten keine Seltenheit. Aus einen anderen Blickwinkel kann auch Laissez-faire ein Auslöser dafür sein. Das Team verwendet in so einem Umfeld sehr viel Energie darauf keine Fehler zu machen bzw. sich abzusichern. Dementsprechend möchten die Teammitglieder so wenig wie möglich Angriffsfläche bieten und sprechen nicht über ihre Fehler und bevorzugen die künstliche Harmonie. Die Probleme sind häufig als offene Geheimnisse bekannt und jeder hofft ein anderer geht es an. Der Bystander Bias wird in diesem Zusammenhang gerne erwähnt. Wenn du Aussagen hörst wie: Das ist grosses Kino, dann kann dies ein Anzeichen für den Zuschauereffekt sein. Die Herausforderung hier ist dann, an welcher Stellschraube muss gedreht werden, damit eine nachhaltige Lösung möglich wird.

Ergebnisorientierung

In einem meiner letzten Projekte haben wir zuerst das Gruppenziel erarbeitet. Dabei haben wir die Pyramide von oben nach unten abgehandelt. Coding Dojos, automatisierte Tests, Reviews und die Zusammenarbeit mit dem Kunden wurden so ohne Probleme und Hindernisse möglich. Bei Anpassungen am Plan oder Vorgehen diente das Gruppenziel als Navigationspunkt. Am Ende spiegelte sich das auch in den Zahlen wieder. Das Projekt war grün, trotz komplexer Herausforderungen, die zu Beginn nicht abzusehen waren.

Eine Lösung für alles gibt es in diesem Zusammenhang nicht. Es sind von Fall zu Fall – Entscheidungen und der Einbezug der Teammitglieder notwendig, damit eine Arbeitsgruppe zu einem Team aufsteigen kann.

Was für Erfahrungen hast du gemacht? Wie hast du die Dysfunktionen gelöst? Dein Feedback interessiert mich, schreib mir.