Update: Leider ist der Kurs der nextnormal Academy respektive das Training im beschriebenen Rahmen nicht mehr kostenlos möglich. Die Prüfung kann nach wie vor über iSQI absolviert werden.
In diesem Blogbeitrag nehme ich dich mit auf meine Reise durch den Kurs “Advanced Product Owner” von der nextnormal Academy. Die nextnormal Academy setzt sich dafür ein, dass Bildung für jeden zugänglich ist und bietet für verschiedene Zertifikate Trainings an. Der Vorteil davon: die hohen Gebühren für ein vergleichbares Training entfallen und du bezahlst nur die Prüfungsgebühr bei iSQI, um das Zertifikat nach bestandener Prüfung zu erhalten.
Für den Theorieteil bietet dir das frei zugängliche Handbuch zum Kurs alle nötigen Informationen, um die Übungen im Training via oncampus zu bearbeiten. Du arbeitest selbständig im Selbststudium und bekommst von anderen Teilnehmern Feedback zu deinen Ergebnissen, die du auf der Plattform hochlädst.
Ein Stück Vorwissen ist nicht notwendig, aber von Vorteil. Im Kurs werden dir bewährte Werkzeuge und Methoden vorgestellt und miteinander in Verbindung gebracht.
Los geht’s!
Start: Kunden und Segmente
Im ersten Kapitel springen wir schon mitten ins Geschehen und lernen zu erkennen und verstehen, wer zu den Kunden, Anwendern und Stakeholdern gehört. Mithilfe von Personas und Empathy Maps werden die Kundensegmente und deren Bedürfnisse klar und es kristallisiert sich heraus, wer besonders im Fokus steht. Folgende wichtige Fragen können beantwortet werden: Wer unterstützt? Wer behindert? Wen wollen wir im Handeln beeinflussen? Was braucht der Kunde, damit das Produkt ihm beispielsweise den Alltag erleichtert?
Ziel ist ein gemeinsames Verständnis im Team, für wen dieses Produkt entwickelt werden soll und warum. Die Produktentwicklung nahe an echten Bedürfnissen und Problemen der Zielgruppe.
Ein wichtiges Puzzleteil, das das ganze Team im Auge behalten muss und mit der Zeit auch angepasst werden muss, sobald erstes Feedback von echten Kunden da ist.
Wie entsteht ein Business Model?
Sobald klar ist, wer die Zielgruppe für unser Produkt ist, geht es ans Business Model. Oder auf den Weg dazu. Das Business Model beschreibt das Grundprinzip wie unser Produkt Nutzen erzeugt und besteht aus 9 Bausteinen. Damit werden vier Bereiche des Produkts abgedeckt:
- Kunden
- Angebot
- Infrastruktur
- Finanzielle Überlebensfähigkeit
Wichtig dabei ist: es ist nicht statisch, sondern kann und muss während der Produktentwicklung immer wieder angepasst und verändert werden, je nachdem was für Feedback und neue Erkenntnisse dazu gekommen sind.
Visuell toll erklärt wird es im Video von Strategyzer Business Model Canvas Explained.
Werteversprechen formulieren
Welches Werteversprechen machen wir den Kunden?
Damit ist nicht eine Beschreibung des Produkts oder dessen Eigenschaften gemeint, sondern beschreibt den Nutzen, den die Kunden erwarten dürfen, der ihnen hilft ihren Alltag zu erleichtern oder ihr Problem zu lösen.
Das Werteversprechen formulieren, auf Englisch „Value Proposition“, ist einer der grundlegendsten und gleichzeitig herausforderndsten Prozessschritte auf dem Weg zu einem Produkt. Das Werteversprechen ist ein Teil vom Business Model.
Um die Value Proposition für das jeweilige Kundensegment zu erarbeiten und zu formulieren, kann das Value Proposition Canvas helfen. Darin wird auf der einen Seite die Bedürfnisse (Jobs, Pains, Gains) des Kundensegments festgehalten und auf der anderen Seite die Eigenschaften Product & Services, Pain Relievers, Gain Creators) des Produkts. Indem die beiden Seiten verbunden werden, ergibt sich schnell einen Überblick von der Schnittmenge, welche Werte miteinander in Verbindung stehen (Problem Solution Fit).
Aus diesen Erkenntnissen lässt sich die Value Proposition formulieren.
Auch hilfreich:
Sich überlegen wie man folgende Vorlage von Steve Blank füllen könnte und daraus die Value Proposition ableiten:
Wir helfen ________ (Zielkunde) ___________ (Problem) zu lösen, indem wir _____________ (Lösung).
Ein hilfreiches Tutorial ist dieses hier Strategyzers Value Proposition Explained.
Wirkungszusammenhänge verstehen mit einem Nutzenmodell
Als Product Owner muss ich die Wirkungszusammenhänge meines Produkts verstehen. Also brauche ich einen Überblick, um zu verstehen, wie der Nutzen der Nutzer:innen aus den Aktivitäten des Teams entsteht und lege Indikatoren fest, an welchen ich den Nutzen beobachten kann. Das Nutzenmodell unterstützt hier als Werkzeug für Kommunikation und Entscheidungsfindung.
Das Nutzenmodell ergibt sich aus den folgenden 3 Räumen:
- Handlungsraum – die Perspektive des Herstellers/Teams, mit den Leading Indicators. Hier stellen sich Fragen wie: Wie soll sich das Produkt weiterentwickeln? Welche Leistungen müssen dafür erbracht werden? Was sind die Aktivitäten des Teams?
Leading Indicators sind leicht beeinflussbar, aber schwer quantifizierbar. - Ergebnisraum – die Perspektive der Nutzer mit den Lagging Indicators. Alle Art von Nutzen, die vom Produkt für die Stakeholder/Nutzer:innen generiert wird. Spicken kann man dafür im Value Propostion Model bei den “Gain Creators” und “Pain Relievers”.
Lagging Indicators sind schwer beeinflussbar, aber leicht quantifizierter. Sie können als Ziele zur Orientierung genutzt werden, aber nicht durch Entscheidungen festgelegt. - Wirkungsraum – das Produkt selbst. Hier werden die Verbindungen zwischen Leading- und Lagging-Indicators klarer. Meist sind es indirekte Verbindungen, welche auch Seiteneffekte oder Wirkungsumkehrungen haben können. Das Produkt als Ergebnis der Aktivitäten im Ergebnis- und Handlungsraum.
Stakeholder Mapping
Als Product Owner bin ich der Ansprechspartner für das Produkt und die Stakeholder und muss aus diesem Grund den Überblick über die Stakeholder behalten. Nicht nur die offensichtlichen Stakeholder sind wichtig, sondern gerade auch Off-Stage Stakeholder, die unter Umständen bei Nichtberücksichtigung für fatale Schwierigkeiten sorgen können.
Stakeholder Management bedeutet nicht, alle zufrieden zu stellen, sondern die Kommunikation mit ihnen und das Einbeziehen ihrer Bedürfnisse. Und schlussendlich herausfinden: Wer fördert? Wer behindert? Und wer beeinflusst sich gegenseitig?
Für die Stakeholder-Analyse gibt es hilfreiche Tools, ich stelle hier zwei davon vor:
- Onion-Diagram für eine erste Übersicht
- Power-Interest-Grid für die Kategorisierung
Onion Diagram
Im Onion Diagram werden die Stakeholder in verschiedene Kreise eingeteilt.
- Im Zentrum steht das Produkt an sich.
- Im ersten Kreis steht das System, indem sich das Produkt befindet, also Stakeholder, die direkt mit dem Produkt interagieren.
- Im zweiten Kreis steht das beinhaltende System, heisst Stakeholder ohne direkten Akteure.
- Im dritten und äussersten Kreis steht das weitere Umfeld, z.B. Gesetzgeber.
Für die Zuordnung sind folgende Fragen hilfreich:
- Wen brauche ich für Entwicklung, Vermarktung und Bereitstellung?
- Wer wirkt unterstützend innerhalb/ausserhalb meiner Organisation?
- Wer blockiert mich?
- Auf wen bin ich angewiesen, dass mein Produkt erfolgreich wird?
- Wer hat Interesse daran, dass mein Produkt scheitert?
Power-Interest-Grid
Nachdem die Stakeholder in die Zwiebelkreise zugeordnet wurden, werden sie jetzt auf den Achsen Einfluss (Power) und Interesse (Interest) eingeordnet. Diese Zuordnung ist immer eine Momentaufnahme und kann sich schnell wieder ändern.
Es ergeben sich 4 Felder und jedes davon repräsentiert eine Stakeholdergruppe. Ziel dieser Einordnung ist anschliessend die Erarbeitung einer Interaktions- und Kommunikationsstrategie.
- Viel Einfluss und grosses Interesse: Players
- Viel Einfluss, jedoch geringes Interesse: Context-Setters
- Wenig Einfluss, jedoch grosses Interesse: Subjects
- Wenig Einfluss und geringes Interesse: Crowd
Inception Deck
Das Inception Deck steht als Bindeglied zwischen den strategischen Entscheidungen vom Business Model und der Produktvision und zum Start der operativen Arbeiten. Die Erwartungen der Stakeholder werden auf ein gemeinsames Ziel ausgerichtet und abgeglichen, sodass ein gemeinsames Verständnis entsteht. Unterschiedliche Annahmen und Erwartungen werden transparent und können auf eine gemeinsame Sichtweise zu Kontext, Zielgruppe und Zielen geeinigt werden. Das Inception Deck dient somit auch als Entscheidungshilfe.
Idealerweise werden die 10 Punkte in einem Inception Workshop vorbereitet.
Die folgenden 10 Punkte müssen vor Start der operativen Phase geklärt werden:
- Warum sind wir hier?
Was ist der Grund für die Entwicklung des Produkts? - Elevator Pitch
Du hast 30 Sekunden, um jemanden von deinem Produkt zu überzeugen. Was würdest du sagen? - Product Box
Wie sieht dein Produkt im Geschäft aus? Wie ist die Verpackung? Wie die Beschriftung? - NOT-Liste
Was ist für die kommende Phase NICHT vorgesehen? Welche Funktionalitäten werden (noch) nicht umgesetzt? - Nachbarn treffen
Welche Menschen müssen wir einbinden, bevor das Produkt veröffentlicht wird? - Lösung zeigen
Wie sieht die grobe technische Architektur aus? - Was hält dich nachts wach?
Welche Risiken bereiten dir am meisten Sorgen? - Wie gross ist das?
Wie lange wird die nächste Produktentwicklungsphase dauern? - Was muss dran glauben, wenn es eng wird?
Welche Punkte sind für die nächste Phase besonders wichtig? Zeit, Umfang, Budget oder Qualität? - Was braucht es an Zeit und Geld?
Wie viel Zeit braucht es bis zum ersten Release? Wie viel wird es kosten? Wie sieht das Team aus?
Ab in die Umsetzung
Das war der erste Teil dieser Product Owner Reihe. Wie du siehst bleibt dieser Prozess fliessend und ändert sich je nach Feedback von Kunden im Verlauf der Entwicklung. Welche Tools es für die konkrete Planung der Umsetzung braucht, liest du im zweiten Teil, wo sich alles rund um Roadmap, Impact Map und Story Map, Backlog und Delivery Kanban dreht.